Keynotes

Freitag 10.00 Uhr

Prof. Dr. Rolf Arnold

„Gestern, heute und morgen.

Von der erinnerten zur abschiedlichen Identität“

  

Der Vortrag skizziert die Formen einer biographischen Selbstreflexion, die nicht an Altem haftet, das Heute verpasst und das Morgen verfehlt - auch und gerade in den beschleunigten Kontexten von Lebenswelt und Gesellschaft. Zugleich werden Grundlinien einer Nichtwissenden Beratung skizziert, deren Professionals in der „selbsteinschließenden Reflexion“ (Varela) geübt sind und darum wissen, dass wir das Gegenüber „nicht zu sehen vermögen, wie es ist, sondern bloß so, wie wir selbst sind“  (Sendungen Talmud).

 

 


Samstag 9.30 Uhr

Prof. Dr. Marianne Gronemeyer

‚Es ist Zeit’

 

Ein starker, mutiger Satz von geradezu biblischem Ernst. In ihm wird eben nicht die Frage aufgeworfen, was die Zeit sei, sondern unerschrocken festgestellt, dass sie ist. 

Der wohl am häufigsten zitierte Satz über das irritierende Wesen der Zeit findet sich in dem berühmten 11. Kapitel der ‚Bekenntnisse’ des Kirchenvaters Augustin. Wenn ihn niemand Frage, was die Zeit sei, schreibt er, dann wisse er es, wolle er es aber einem Fragenden erklären, dann wisse er es nicht. Von solcher Verwirrung scheint das Thema unserer Zusammenkunft nicht angekränkelt. Der Satz steht - wie in Stein gemeißelt. Aber bei genauerer Betrachtung gerät die Klarheit seiner Aussage ins Wanken.

Meint er: „Es ist reichlich Zeit“ oder: „Es ist höchste Zeit“ oder meint er die „Zeit, die - noch - bleibt“? Will er uns zur Gelassenheit oder zu Eile mahnen. Sollen wir an das türkische Sprichwort erinnert werden, dass es der Teufel ist, der die Eile erfunden hat oder daran, dass Zeit auf eine nicht mehr gut zu machende Weise verschwendet werden kann.

Oder geht es darum, dass alles Ding seine Zeit hat und dass alles, was einen Anfang hat auch zu Ende geht - der Krieg und der Frieden, das Lachen und das Weinen, das Tun und das Lassen - was gleichermaßen beruhigend und beunruhigend ist. Es gibt viel zu bedenken. Und seien wir darauf gefasst, dass Denken traurig macht (George Steiner). Wer den Satz: “Es ist Zeit“ sagt, bekommt es mit der Sterblichkeit und dem Tod zu tun und mit der Frage, wie wir leben wollen und können.